Doctor Fausti Weheklag und Höllenfahrt

Das Habe-nun-Ach für Angewandte Poesie.

Noch immer (ja, noch immer)

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Update zu Ein holprichtes Lied mit tiefer und rauher Stimme und
zum 5. Stattvent 2017: Schnell – in dulci jubilo (denn es raucht sich schlecht entleibt):

Tu ne quaesieris, scire nefas, quem mihi, quem tibi
      finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios
temptaris numeros. ut melius, quidquid erit, pati.
      seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,

     quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare
     Tyrrhenum: sapias, vina liques, et spatio brevi
spem longam reseces. dum loquimur, fugerit invida
     aetas: carpe diem quam minimum credula postero.

Horaz: Carmen 1,11, ca. 23 vor Christus.

[…] Тут не одно воспоминанье,
Тут жизнь заговорила вновь, –
И то же в вас очарованье,
И та ж в душе моей любовь!

Фёдор Ива́нович Тю́тчев, 26 июля 1870.

Marina Garanin, Der Knopf, 12.Dezember 2018Der Sinn des Lebens besteht natürlich nicht aus einschüchternd klugen, kieferaushebelnd schönen und, als ob das nicht reichte, rothaarigen Bildungselfen, er wird aber immer wieder von solchen vermittelt. So wie der Sinn des Lebens aus Sicht sotaner Bildungselfe ja auch nicht aus Katzenhaltung und darin, den seltenen Text des Gestiefelten Kater aus dem Phantasus von Ludwig Tieck schon 2014 auf ein Studententheater gehievt zu haben, besteht — aber ohne wär’s halt auch nix.

Die einschüchternd kluge, kieferaushebelnd schöne, rothaarige Marina Garanin hat, als ob das fair wäre, gerade am 12. Dezember 2018 ihr erstes Buch veröffentlicht, das nicht ihr letztes bleiben kann. Wir Leser sind damit gesegnet, das hinreißende Abschlussgedicht als Weihnachtsgabe zu erhalten. Die Dichterin selbst erklärt dazu:

Tatsächlich ist das kurze deutsche Gedicht von 2014, das lateinische hingegen von 2017: aber ich fand, dass es thematisch gut passt. Ganz frech habe ich das lateinische Gedichtchen nicht, wie es sich gehört, mit einem Pentameter, sondern mit einem Hexameter beendet.

——— Marina Garanin:

Noch immer

2014 u nd 2017, aus: Der Knopf. Gedichte, Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg 2018:

ponas tristitiam: licet omnia dulcia cedant,
tempora praetereant, lux tamen alma manet,
servaturque animo prisci splendoris imago.

Das Schöne schwindet irgendwann,
Doch ewig scheint sein Schimmer.
Ich denke jeden Tag daran;
Noch immer? Ja, noch immer.

Marina Garanin: Der Knopf. Gedichte, Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg 2018,
broschiert, 112 Seiten, 18,9 cm x 10,9 cm, ISBN 978-3-924566-28-9,
ist für 12,00 Euo im Buchhandel erhältlich (und auf Amazon schon auch, aber mäh).

Schöne Weihnachten uns allen.

Soundtrack: Die Dichterin in ihren Eigenschaften als Musikwissenschaftlerin, Romanistin und Klassischer Philologin, Dozentin für Metrik und Rezitation, Trägerin des Chancellor’s Prize of Latin Verse, Oxford 2017, Doktorandin zu Übersetzungen aus dem Altgriechischen ins Lateinische und Musa Pedestris seit 2013 – ich erfinde nichts! – zerlegt den vulgären Sinn des überstrapazierten Carpe diem durch korrekte Wiedergabe in 43 Sekunden: Q. Horatii Flacci carmina, liber primus, Hor. c. 1,11: An Leuconoe: Carpe diem in zwei Asklepiadeischen Strophen, 13. September 2016:

Bonus Track: Die Dichterin in ihren Eigenschaften als geborene Russin und personifizierter Dichterwahn mit ihrer Lieblingsromanze von Fyodor Tyutchev und Leonid Malashkin: Я встретил Вас, 1870/1881 (alternate Kneipen-take, Open Mic Royal Blenheim Pub, Oxford, Juni 2017), 26. Mai 2016:

Und jetzt alle: Tom Waits: Silent Night, aus: SOS United, 1989 – nur als Stiftung für die SOS-Kinderdörfer.
Im Video: Correggio: Anbetung der Hirten, 1530 (Detail); Tintoretto, 1545 oder 1578; Gerrit van Honthorst, 1622 oder 1646.

Written by Wolf

24. Dezember 2018 um 00:01

Veröffentlicht in Römische Antike, Schall & Getöse

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