Doctor Fausti Weheklag und Höllenfahrt

Das Habe-nun-Ach für Angewandte Poesie.

Hair as red as stockings blue

leave a comment »

Update zu Invisible Girls:

——— Lord George Gordon (later: Noel), 6th Baron Byron:

The Blues : A Literary Eclogue

„a mere buffoonery, never meant for publication“, written 1820,
published anonymously in: The Liberal 3, 1822:

„Nimium ne crede colori.“ — Virgil.

O trust not, ye beautiful creatures, to hue,
Though your hair were as red as your stockings are blue.

Die vermutlich einzige deutsche Übersetzung hiervon wurde von Adolf Seubert für die Winkler-Ausgabe 1978 angefertigt:

——— Lord Byron:

Blaustrümpfe. Eine literarische Ekloge

„Nimium ne crede colori.“ — Virgil.

O traue doch der Farbe nicht,
Du schön Gebild der Frau,
Und wär dein Haar so rot und licht
Wie deine Strümpfe blau.

Was haben wir also? Eine Ekloge, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht war, in der Übersetzung für eine vergriffene Gesamtausgabe, die zwei Verse einführt, die nicht vorhanden sind, begleitet von einem Lied, dessen Existenz von seinem Schreiber abgestritten wird. Zusätzlich interessant erscheint in unserem Zusammenhang, dass Susan „Sue“ Storm Richards, die als Invisible Woman firmiert, in einer blauen Ganzkörperstrumpfhose dargestellt wird, wie unlängst dargestellt.

Lacehearts, 13. August 2013

Hier bleibt uns nun genug geeigneter Platz für einen Werkstattbericht:

Macht sich jemand einen Begriff, was das für ein Aufwand ist, ein Bild von einer Rothaarigen mit blauen Strümpfen aufzutreiben? Eins, das was taugt? — Surftipp für böse Jungs (und wer sonst noch auf ansehnliche junge Frauen steht): Sachen findet man da! Sachen! — Surftipp für brave Mädchen (und wer sonst noch auf keine lieblosen Sonderfetischbildchen steht): Lasst es lieber.

Pantyhose Faves, 5. September 2015Rote Haare und blaue Strümpfe, hair as red as stockings blue, das scheint eine Kombination, auf die nicht viele Gestalter erotischen Bildmaterials verfallen, und wenn, dann für eine allzu spitze Zielgruppe, die froh ist, wenn sie überhaupt was geboten kriegt. An barfüßigen Lesenden, wie ich sie nromalerweise an dieser Stelle verwende, herrscht kein Mangel: Auf eine kurze Suche „barefoot reading“ oder ähnlich branden sie einem den Bildschirm ein, eine von der Natur begünstigter, hübscher zurechtgemacht, professioneller ausgeleuchtet und trickreicher gemalt als die andere. Dass gerade wörtlich genommene Blaustrümpfe so selten sind, hätte ich nicht erwartet: In der Nähe zur typischen Lesenden halte ich das für ein Genre wie die naughty librarian auch — also eine sophisticated Spielart der Schönheit, keinen abseitigen Fetisch, hat die Blue Stockings Society doch kurz nach 1750 als höchst ehrbare Versammlung noch viel ehrbarerer Frauen — gelegentlich sogar Männer — angefangen.

Meine favorisierte, dabei recht glaubwürdige Etymologie der Bezeichnung „Blaustrumpf“ für ganz leicht ruppige, ganz leicht kerlige und ganz leicht einschüchternd kluge Frauen leitet sich von Benjamin Stillingfleet her, dem ersten der Blaustrümpfe, der sich keine formellen schwarzen Strümpfe leisten konnte, aber als unverzichtbares Mitglied besager Versammlungen auftrat. Was soll denn daran so obszön sein, dass man es nur als pflichtschuldig zusammengeschluderten Porno bebildern mag? — Es ergeht der Aufruf:

Frauen, tragt mit Stolz blaue Strümpfe, Strumpfhosen oder Socken; Männer, folgt ihnen darin (ja, wieso nicht auch in den Strumpfhosen?); gestaltet Bildaussagen mit farblichen, vor allem farbigen Inhalten; erwägt kritisch und wohlwollend, ob blau lackierte Zehennägel schon eine Blaustrümpfin definieren; Zeichner, Maler und Fotografen, richtet euer respektvolles Auge auf sie und dokumentiert sie dabei!

Und lasst mich unbedingt eure Ergebnisse sehen; Lord Byrons vollständige Ekloge und in deren Gefolge das Bluestocking Archive rufen uns nach Verwertung und Verbreitung — und dann ja wohl auch nach erneuter Illustration. Rotschöpfe bevorzugt: Rote Haare sind eine Vorliebe für Gentlemen. Frühling lässt sein blaues Band pp. und die Kommentarfunktion ist offen!

Die Bilder, die ich halbwegs guten Gewissens hier verwenden konnte, stammen von Lacehearts, 13. August 2013, und Pantyhose Faves, 5. September 2015.

Angenehm leicht und lohnend war es dagegen, als Soundtrack einen Lord Byron Blues zu finden. Nach der zermürbenden Bildersuche überraschend genug, gibt es tatsächlich einen genau dieses Namens, er klingt etwas gleich, und er ist eine große Rarität mit Jimmy Page, John McLaughlin, Bobby Graham et al.: von deren damaligen Gelegenheitsprojekt Le London All Star, um Frankreich zu beweisen, dass Briten stereo spielen können: British Percussion, 1965. Jimmy Page hat später die Existenz des ganzen Albums geleugnet: „No such record was made“. So geht eine Rarität, und sie soll in ihrer Gesamtheit richtig gut sein. Einzig schade: No such CD was made.

Written by Wolf

15. Juli 2016 um 00:01

Veröffentlicht in Romantik, Weisheit & Sophisterei

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..