Doctor Fausti Weheklag und Höllenfahrt

Das Habe-nun-Ach für Angewandte Poesie.

Ein Mann zwischen den Altern

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Der Mann kann ja nichts dafür, dass er um die Zeit der Leipziger Buchmesse Geburtstag hat: Am 27. März 2015 wird Harry Rowohlt 70, aber von einer Frankfurter Buchmesse darf er auch nach einer ausgewachsenen Generation noch erzählen.

Das, sowohl das Erzählen als auch das Siebzigwerden, hat er sich sowas von verdient, dass man sich schon fast geniert, ihm auch noch zu gratulieren. Mir hat er aber im Laufe unserer ansonsten eher voneinander unabhängig verlaufenden Leben schon zweimal gefaxt, es wird also nicht so drauf ankommen. Außerdem kann man bei ihm immer mindestens drei Stunden lang durchlachen, weil er sich immer weigert, schneller mit dem Vorlesen aufzuhören, was aber auch nicht so drauf ankommt, weil man sich in seiner Abwesenheit immer weigert, schneller mit dem Lesen aufzuhören.

Gottes Segen und Rot Front.

——— Harry Rowohlt:

What a Mess!
Die Frankfurter Buchmesse oder: Vom Wertewandel in unserer Zeit

laut Editorischer Notiz in der Neuausgabe von Pooh’s Corner. Meinungen eines Bären von sehr geringem Verstand bei Kein & Aber, Zürich 2009, die nicht mehr Meinungen und Deinungen eines Bären von sehr geringem Verstand untertitelt, dafür jedoch „gegen den ausdrücklichen Wunsch des Autors nach der Neuen Rechtschreibung gesetzt“ wurde, ist der Bericht „wie die meisten der Aufsätze und Berichte […] von 1989 bis 1996 in der Zeit [erschienen]“. Einzig im Sinne des Jubilars bin ich zu faul zum Nachblättern, glaube mich aber anhand weit zurückliegender umfangreicher Recherchen nach dem einleitenden Bericht Who is Pooh? Auf Bärenfang in Sussex (Die Zeit 40/90, 28. September 1990) zu entsinnen, dass in der Erstausgabe bei Haffmans, ebenfalls Zürich, den es jedenfalls 1996 gerade mal so noch gab, solche Nebendinge auch nicht genauer drinstehen. — Gekürzt:

Eve Arnold, Marilyn Monroe Reading Ulysses, Long Island, New York, 1954Ich zahlte und ging zum Kritikerempfang im Hause Unseld, weil dort (1), wie die Erfahrung lehrt, die Buchmesse praktisch anfängt und um (2) von Robert, bei dem ich immer während der Messe pennen darf, die Wohnungsschlüssel entgegenzunehmen. Robert zeigte auf ein gerahmtes Foto und fragte: „Wer liest dort was?“ Ich sagte: „Dort liest Marilyn Monroe den Ulysses.“ — „Und welche Stelle?“ — „Molly Blooms Orgasmus.“ — „Buch und Stelle hab ich auch erkannt“, sinnierte Robert, „nur die Dame hab ich nicht gewusst.“ — „Ich bin eben ein homme entre deux âges, tröstete ich ihn, „der die Damen noch und die Bücher schon wahrnimmt.“ Und dann verfielen wir ins hessische Mundartdichten. Robert war wie immer schneller und besser, aber im Kopf habe ich nur noch einen meiner Beiträge: „Des Buch hat so was Schmierisches; isch glaub, es ist was Irisches.“

Das mit Molly Bloom müsste übrigens hinkommen, so weit, wie Frau Monroe im Buchkörper schon fortgeschritten ist. Wer Unselds unterstellen wollte, dass sie Mist aufhängen!

Die Dame: Eve Arnold: Marilyn Monroe Reading Ulysses, Long Island, New York, 1954.

Extrararität: Harry Rowohlt im Interview mit Gregor Gysi, 9.Januar 2013 in Hannover:

Written by Wolf

27. März 2015 um 00:01

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