Weekly Wanderer 0005
Was H:C. Artmann Med ana schwoazzn dintn 1958 für den Stadtwiener Dialekt angefangen hat, kann für die darauf folgende Mundartdichtung überhaupt nicht überschätzt werden: Es war, kurz zusammengefasst, ihre Rettung vor Altersheim, Siechtum und Scheintod.
Möglicherweise hat damals die neuartige Sichtweise auf den eigenen Dialekt bis auf norddeutsche Sprachgebiete fortgewirkt. Im oberdeutschen Sprachraum — in Deutschland sind das grob gerechnet Bairisch, Fränkisch und Schwäbisch — sind bestimmt zwei Generationen mit der legendären Anthologie Sagsd wasd magst aufgewachsen, und damit hatten sie Glück.
Franz Ringseis schafft mit seiner Bearbeitung in — vor 1975 wahrscheinlich noch weit weniger korrumpierter — Münchner Stadtmundart keine reine Übersetzung; er bleibt fast lapidarer als das Oiriginal und setzt mit dem letzten Wort unversehens noch eins drauf — mit der hinterkünftigen Wucht einer Watschn, die als besonders bayerisch gelten muss. A so ghert si des.
——— Franz Ringseis: Üba olle Gipfen
in: Friedl Brehm, hg.: Sagsd wasd magst. Mundartdichtung heute in Bayern und Österreich, 1975:
Üba olle Gipfen
iss staad.
In olle Wipfen
waht
nur a Lüftal, so weich —
Koa Vogal rührt si im Woid,
Wart nur, boid
bist aar a Leich.
Bald bist auch du eine Leiche: Tavis Leaf Gover: Stuck in Limbo, 11. Mai 2011.
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