Doctor Fausti Weheklag und Höllenfahrt

Das Habe-nun-Ach für Angewandte Poesie.

Schlüsselein

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——— Kloster Tegernsee:

Tegernseer Liebesgruß

Ludus de aventu et interitu Antichristi. Literae multae et alia excerpta ex Ottonis Frisingensis Gestis Imperatoris Friderici, Anfang 12. Jahrhundert:

Du pist min ih bin din.
des solt du gewis sin.
Du bist beslossen in minem herzen.
verlorn ist daz sluzzelin.
du muost och immer darinne sin.

Die Tegernseer Handschrift — Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 19411, hier: Blatt 114 verso = Seite 230 — versammelt lateinische Briefe; das Gedicht ist eine Zusammenfassung des vorhergehenden Briefes, die übliche Zuschreibung an Walther von der Vogelweide also hinfällig. Die Zugehörigkeit eines Menschen zu einem anderen auf Gegenseitigkeit wird in der mittlalterlichen Literatur variantenreich formuliert, das Bild des Herzensschlüssels ist seit der Antike nachweisbar und setzt sich über Dante und Petrarca ins Volkslied fort. Die Briefschreiberin, mutmaßlich eine anonym gebliebene Benediktinernonne, verbindet wahrscheinlich selbstständig beide Topoi und zitiert eben nicht ein schon bestehendes Volkslied, weil der Inhalt des lateinischen Briefes und die deutschen Verse eng zusammenhängen. Möglicherweise sind es gar keine Verse, sondern Reimprosa, worauf das Layout der Handschrift deutet.

Bild & Text: Bayerische Staatsbibliothek/Bavarikon.

Fachliteratur: Ingrid Kasten (Hrsg.): Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters, Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch, Band 6, Frankfurt am Main 2005, Kommentar Seite 575 f.

Written by Wolf

14. Februar 2017 um 15:38

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