Hastig die ärmlichen Verse
——— Arno Schmidt:
Wir hatten lange geplaudert
aus: Die Insel. 2. Teil: Unsere Reise nach Frederikshald, 3.),
in: Bargfelder Kassette 1, Band I/4.2: Juvenilia, Seite 227 f.:
Als wir aus dem theater traten stand der halbe mond über dem zwinger und kleidete die leeren strassen und plätze in grelles einsames weiss. Wir huschten durch den mondschein und plötzlich kamen mir verse in den sinn und ich flüsterte sie im laufen Alice ins ohr:
Wir hatten lange geplaudert bei der lampe schein,
von geist geraunt und zukunft, von wind, gewölk und hain.
Dein haar trug helle lichter im glase perlte wein,
da glänzte plötzlich silbern der mond zum fenster herein.Wir traten aus dem Hause und riefen „gute Nacht“;
da waren hoch im bergland sternenzüge erwacht.
Ich hob die plumpen hände und fasste deine sacht
und sagte laut und eifrig „komm, gehn wir in die nacht“Die hellen gassen lagen um mitternacht schon leer;
wir liefen leicht und schleichend im diebesschritt einher.
Über die hellen plätze huschten wir kraus und quer,
und stets verstrahlte oben der mond im wolkenmeer.Lautlos wie die araber ihr zelt falten zur nacht,
hat wind wolkenschwärme über die stadt gebracht;
sie waren wirr und scheinend am ganzen himmel entfacht.
Flüstert der wind und knistert und wispert in der nacht.Wir hatten lange geplaudert bei der sterne schein,
von geist geraunt und zukunft, von wind, gewölk und hain.
schattig entquoll der fluss den brücken und dem rain
und immer wölkte marmorn des mondes zauberschein. –Ich riss ein blatt papier aus meiner tasche und schrieb hastig die ärmlichen verse nieder; dann blieb ich traurrig stehen und sah auf das weisse rechteck, das im mondlicht fein und porzellanen leuchtete. Alice nahm es mir aus der hand und drückte es liebkosend an ihr gesicht; aber noch während sie so tat, wurden ihre augen nachdenklich und plötzlich flüsterte sie: „Wir wollen es fortfliegen lassen; dass vielleicht ein einsamer wanderer im gebirge nachdenklich es in den händen hält oder irgendwo im südlande ein mädchen es findet – die letzte kunde von uns –.“
Liza by Rita Curtis: Never Enough Books, 2014, Öl auf Leinwand:
Liza was weighed down with reading materials when I ran into her at the library. I knew then I would have to paint her in a cozy setting of books, books, lovely books.
Bei manchen Bildern fragt man sich nicht mehr, was sie aussagen sollen, sondern warum jemand einen solchen Bahnhof aus Ölfarben und Leinwand für das Motiv treiben sollte. Getroffen ist es immerhin: Genau so sehen junge Frauen beim Studieren aus.
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